Balkongarten Kistengrün

Balkonstories: Kistengrün

Unsere Reihe “Balkonstories” geht weiter! Dieses Mal haben wir die liebe Mel von Kistengrün für ein Interview gewinnen können. Mel wohnt in Bremen und gärtnert auf ihrem Balkon gleich kistenweise. Fast alles, was sie anbaut ist essbar und durch und durch nachhaltig gepflanzt. Neugierig geworden? Dann könnt ihr im Interview nun mehr über ihren Balkongarten erfahren.

Liebe Mel, bitte erzähl uns für den Anfang ein bisschen was über dich und deinen Balkongarten!

Moin zusammen, ich bin Mel und wohne in Bremen. Mein Balkon-Garten liegt im ersten Stock, ist knapp sechs Quadratmeter groß und überdacht. Das hat seine Vor- und Nachteile: Es herrscht ein klein wenig Gewächshaus-Atmosphäre und ich muss für die Tomaten kein eigenes Gewächshaus bauen. Wenn im Sommer ab 14 Uhr die Sonne rum kommt, wird es leider auch richtig heiß, sodass ich ab Nachmittag nicht mehr wirklich dort sitzen mag. Die Pflanzen stecken diese extremen Bedingungen tapfer weg – die meisten zumindest…

Ich arbeite als freiberufliche Journalistin und schreibe inzwischen hauptsächlich über alles, was mit Garten und Nachhaltigkeit zu tun hat – auch dank Kistengrün, meinem Balkon-Garten-Blog. Darüber hinaus gebe ich Seminare und Workshops und halte Vorträge.

Melanie Oehlenbach
BREMEN, 18.10.2017, Melanie Oehlenbach, Floratrium © Joerg Sarbach

Seit wann bepflanzt du deinen Balkongarten und was pflanzt du am liebsten an?

Das erste Mal habe ich im Jahr 2013 was ausprobiert. Ganz klein: Ich habe gekeimte Kartoffeln aus dem Bio-Laden in einen Blumentopf gesteckt, Wildtomaten ausgesät und geguckt, was passiert. Seitdem bin ich dem Tomatenfieber verfallen – es gibt ja so viele tollen Sorten! Jedes Jahr probiere ich daher was Neues aus – mal fast schwarze, grün-gelbe und rot-grün gestreifte, mal Ochsenherz und Sibirische Birnchen…

Tomaten wachsen wirklich super auf dem Balkon, sowohl in der Kiste als auch in einem großen Balkonkasten. Natürlich dürfen auch Salat und Kräuter nicht fehlen: Ich liebe Sauerampfer, Petersilie und Schnittknoblauch! Auch essbare Blüten mag ich sehr gern, meist überlasse ich sie aber doch den Bienen und Hummeln. In den letzten zwei Jahren habe ich zudem meine Begeisterung für Bohnen entdeckt. Bislang reicht sie aber noch nicht an die für Tomaten heran.

Kistengrün - Tomaten auf dem Balkon

Was macht deinen Balkongarten zu etwas Besonderem?

Hm. Schwierige Frage. Ich glaube die Tatsache, dass ich auf dem Balkon Gemüse und Kräuter anbaue. Viele sind ein bisschen verdutzt, wenn ich ihnen erzähle, dass dort keine Geranien, sondern Tomaten, Salat und Mangold wachsen. Blumen waren zu Beginn in der Tat eher rar – bis auf essbare Blüten und Lavendel.

Kistengrün - Balkongarten

In den vergangenen zwei Jahren bin ich auch dazu übergegangen, den Balkon im Herbst weniger aufzuräumen. Ich lasse im Herbst fast alles stehen – auch damit die Insekten unterkriechen können. Dadurch sät sich dann doch einiges aus, der Balkon-Garten verwaltet sich ein bisschen selbst. Seither wachsen an vielen Stellen Kohlrabi, Kornblumen, Phacelia und Petersilie, die ich gar nicht ausgesät habe. Ich versuche immer, um diese Selbstaussaaten herum zu gärtnern – schließlich zeigen sie ja, dass die Samen einen Platz gefunden haben, an dem sie sich wohl fühlen. Aber leider klappt das nicht immer.

Unkraut gibt es auf dem Balkon kaum – auch weil ich es oft nicht als solches empfinde. Ich mag zum Beispiel Vogelmiere recht gern, weil sie so unkompliziert ist und im Winter leckeres Grün auf den Teller zaubert. Auch eine Brennnessel hatte ich schon mal in der Kiste, die war auch sehr lecker! Nur leider hat sie sich nicht lange gehalten.

Kistengrün - Vogelmiere im Blumentopf

Du legst sehr viel Wert auf naturnahes Gärtnern. Wie setzt du es um?

Ich verwende keine torfhaltige Erde, sondern meist Substrat aus dem Recyclinghof, das aus Grünschnitt hergestellt wird. Außerdem achte ich auf Bio-Saatgut und -Pflanzen.

Bienen und Schmetterlinge sind mehr als willkommen: Da darf auch mal eine Raupe den Kohlrabi ratzekahl fressen. Außerdem gehen fast alle Pflanzen wie Rucola, Schnittknoblauch und Basilikum in Blüte. Das sieht nicht nur schön aus, sondern freut Hummeln und andere Wildbienen. Ich bin ein großer Hummel-Fan und liebe es, sie beim Herumbrummeln zu beobachten. Seit dem Frühjahr gibt es für sie auch eine neue Nisthilfe und diverse Wasserstellen und Bienentränken.

Aber auch Spinnen und Asseln sind willkommen. Ich finde sie nicht ekelig, sondern freue mich, wenn ich welche unter den Kisten entdecke: Schließlich leisten sie nützliche Dienste im Balkon-Garten.

Allein die Blattläuse… nun gut. Wenn sie die Pflanzen allzu sehr malträtieren, greife ich schon ein, indem ich sie abstreife und mit Wasser entferne. In der Regel verschwinden sie aber auch von selbst – wohl auch weil die Marienkäfer rechtzeitig auftauchen.

Kistengrün - Marienkäfer

Darüber hinaus mache ich mir inzwischen immer mehr Gedanken darüber, wie grün die grüne Branche tatsächlich ist. Wir sorgen uns, wie unsere Lebensmittel hergestellt werden. Aber bei Blumen und Zierpflanzen machen wir uns eher weniger Gedanken, ob sie nachhaltig produziert worden oder mit einem Cocktail an Pestiziden besprüht sind.

Und auch bei den Töpfen und Balkonkästen frage ich mich: Warum müssen die aus Plastik sein? Mein ganzer Balkon ist voll davon und das ärgert mich. Daher bin ich immer auf der Suche nach Alternativen. Aber leider ist das gar nicht so einfach.

Was machst du auf deinem Balkon um der Tierwelt etwas Gutes zu tun? Welche tierischen Gäste hast du auf deinem Balkon schon begrüßen dürfen?

Auf dem Balkon schwirrt und krabbeln allerlei Insekten herum: Bienen und Hummeln, Blattläuse, Florfliegen, Schaumzikaden, Marienkäfer in unterschiedlichen Farben, Asseln, Spinnen… Nur Schnecken habe ich noch keine gesichtet. Da bin ich aber auch nicht traurig darüber.

Außerdem gibt es auf dem Balkon eine kleine Futterstelle, die Spatzen, Blau- und Kohlmeisen mit ihrem Nachwuchs gerade mit Begeisterung plündern. Leider haben wir keine Bäume in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Eicheln und Walnüsse im Balkonkasten stammen also wahrscheinlich eher vom Eichelhäher. Eichhörnchen habe leider noch keine in der Siedlung gesehen.

Kistengrün - Insekten auf dem Balkongarten

Bist du auf dem Balkon auch kreativ? Erzähl uns bitte etwas über dein spannendstes DIY.

Ja klar, ich baue und bastel ganz gern, wenn ich die Zeit dazu finde. Spannendstes DIY? Hm, schwierig. Ich mag ja gern nützliche Sachen. Schmieden finde ich toll und auch mit Weiden arbeite ich gerne. Daraus kann man übrigens nicht nur Körbe und Rankhilfen machen, sondern auch einen Balkonkasten!

Kistengrün - Weidenkorb flechten

Was hat in der Vergangenheit so gar nicht auf deinem Balkon funktioniert und was war richtig genial?

Tomaten wachsen und gedeihen eigentlich immer super, dafür ist der Balkon wirklich ideal. Auch Salat und Kräuter würden Kisten und Kästen füllen, wenn ich sie nicht dauernd ernten würde. Und Bohnen! Eher Pech hatte ich bislang mit Roter Beete, da konnte ich im letzten Jahr nur Blätter ernten. Erst eine vergessene Aussaat im Frühling brachte dann die lang ersehnte Knolle. Auch mit Hopfen und Pfirsich läuft es eher nicht so gut. Aber an und für sich bin ich schon sehr zufrieden mit dem, was so unter den teilweise extremen Bedingungen im Sommer auf im Balkon-Garten wächst.

Was planst du für dieses Jahr auf deinem Balkon? Was möchtest du unbedingt noch umsetzen?

Ich habe im Frühjahr eine Himbeere gepflanzt, die ich von Freundinnen aus dem Kleingarten bekomme habe, und freue mich schon auf die erste Ernte! Eine Gurke habe ich ebenfalls gesetzt – mal sehen… Und ich will einen Mini-Teich anlegen!

Ansonsten mache ich mir immer wenig Gedanken zur Bepflanzung, ich säe und pflanze eher spontan – je nachdem, wo mir die Pflanzen eine Lücke lassen. Tomaten, Salat und Kräuter sind aber natürlich immer gesetzt. Grundsätzlich hätte ich gern einen Wurmkomposter. Bislang habe ich mich aber an das Thema noch nicht herangewagt.

Kistengrün - Mangold

Welchen Tipp kannst du anderen Balkongärtnern mit auf den Weg geben?

Wähle Pflanzen aus, die sich auf deinem Balkon wohlfühlen und die du gerne magst. Der Platz ist ja oft arg begrenzt. Und: Hab Geduld! Das muss ich mir auch immer wieder sagen…

Zum Abschluss deinen liebsten Spruch fürs Gärtnerherz bitte!

„Irgendwas wächst immer. Es ist vielleicht nur nicht das, was du erwartest.” Denn auch das gehört zum Balkon-Gärtnern dazu: Experimentieren, Spaß haben. Und sich nicht entmutigen lassen, wenn mal etwas schief geht.

Viele haben Angst, es mit dem Gärtnern einfach mal auszuprobieren, weil sie angeblich keinen grünen Daumen haben. Das glaube ich nicht. Ich habe viele tolle Menschen in den vergangenen Jahren kennengelernt, denen es Grün in den Fingerspitzen kribbelt und die tolle Gärtner*innen (geworden) sind – oder Expert*innen für ganz bestimmte Pflanzen. Denn auch die Wahl der Pflanze ist entscheidend: Sie muss sich wohl fühlen auf dem Balkon oder dem Fensterbrett.

Und wenn was schief geht, ist es auch nicht schlimm. Ein Balkon-Garten ist nicht nur ein Ort, an dem man Essbares anbauen kann. Er ist auch ein Ort, an dem wir uns entspannen und viel lernen können.

Kistengrün - Tomaten in einer Kiste

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Mels Blog Kistengrün findet ihr unter: https://www.kistengruen.de/.

Sie schreibt ebenfalls Artikel für die Nordwest Zeitung: https://www.nwzonline.de/person/%C3%B6hlenbach,melanie

4 Kommentare zu “Balkonstories: Kistengrün

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